Freie und Hansestadt Hamburg
Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen
Amt für Landesplanung und Stadtentwicklung
Projektbüro
2023
Hamburg-Rothenburgsort, Deutschland
Von Juli bis September 2023 haben wir in Hamburg-Rothenburgsort einen Pop-Up-Platz in Gestalt eines Mehrgenerationenspielplatzes mit Anwohner*innen entwickelt. Der zu gestaltende Billhorner Platz war als noch fiktiver Ort an einer zentralen Kreuzung des Stadtteils innerhalb des Projekts „Post-Corona-Stadt“ des Bundes im Auftrag der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen ausgerufen worden. Es galt diesen Platz zu bespielen, zu besetzten und zu definieren. Dieser Platz stand dazu als zu gestaltender Ort im Mittelpunkt einer offenen Entwicklung von allen und für alle Anwohner*innen. Für diesen Prozess hatten wir uns drei aufeinander aufbauende, aber trotzdem sehr unterschiedliche Workshops ausgedacht. Am Anfang war unser Team sechs Tage mit dem Doppeldeckerbus vor Ort, wobei in dieser Zeit Kinderzeichnungen und schnelle Skizzen als einfache Gestaltungsmöglichkeit von Ideen gesammelt wurden. Am Ende stand dann eine Schaumbetonparty, in der aus den gesammelten Ideen umsetzbare Skulpturen gestaltet wurden. In einem großen 1:1 Experiment. Oder: Aus Träumen werden manchmal (Beton-) Schäume.
Aber der Reihe nach. Zunächst einmal kamen wir im Juli für den ersten Teil der Workshops nach Rothenburgsort, um mit den Anwohner*innen zu malen, zu zeichnen und nicht zuletzt über ihre Wünsche und Vorstellungen ins Gespräch zu kommen – für den Stadtteil, aber auch konkret für den Billhorner Platz. In diesem ersten Workshop sollte mit Hilfe von jenen Skizzen möglichst niedrigschwellig – also so unakademisch und angstfrei wie möglich – Ideen und Visionen für diesen Platz gesammelt werden. Mit Papier bespannte Tische und weiteres Material wurden bereitgestellt. Gemeinsam wurde gekocht und gegessen. Konzerte fanden statt. Skizzen, Stricheleien und Farbkleckse entstanden – ohne dabei ein Blatt vor den Mund zu nehmen. So kamen wir mit den Anwohner*innen zusammen und sammelten einen großen Haufen Zeichnungen (ganze 147!!) ein von möglichen und unmöglichen Ideen für die nächsten Schritte.
Fotos: Miguel Ferraz Araújo
Und diese nächsten Schritte waren knapp und knackig kalkuliert: In nur sechs Wochen wurde eine offizielle Genehmigung gebraucht, um mit dem konkreten Bau der gesammelten Vorschläge zu beginnen. Für ein normales Genehmigungsverfahren muss man aber detaillierte Pläne einreichen und solche Planungsprozesse können Jahre in Anspruch nehmen. Wirklich: Jahre! Diese Zeit war nicht da und detaillierte Pläne schon gar nicht. Außerdem sollten die Ideen im Gegensatz zu normalen, langwierigen Planungen direkter umgesetzt werden – quasi direkt vom Kopf in die Hand –, sodass die üblichen Verfahren für uns nicht in Frage kamen. Also bediente sich unser Büro eines Kniffs der vielleicht so bisher einmalig ist: Die zu bauenden Objekte wurden als Kunstwerke deklariert und das, was auf der Freifläche entstehen sollte, dementsprechend als Skulpturenpark. Dazu beriefen wir uns auch auf die Kunstfreiheit der Anwohner*innen. So reichte es aus, dass nur unscharfe Pläne eingereicht wurden, wo ungefähr etwas entstehen sollte, und ein langwieriges Verfahren wurde umgangen. Am Ende und nach viel Überzeugungsarbeit kam die Genehmigung und es konnte losgelegt werden! Und bewahrten uns so die Möglichkeit, später noch mit allen Beteiligten um zu planen und weiter zu entwickeln.
Zunächst einmal wurde aber kommuniziert, kuratiert und gruppiert. Manche Ideen nahmen Formen an, andere mussten verworfen werden, weil sie sich trotz des unorthodoxen Verfahrens als nicht möglich erwiesen. Mit den Anwohner*innen wurde nun beim nächsten Workshop im August Hand angelegt. Zusammen wurde gebaut und gebastelt – mit Holz, Beton, Stoff, Stahl und Fliesen, um sich verschiedenen Werkstoffen und Techniken zu nähern. Damit alle Beteiligten nicht nur zuschauen und mitreden, sondern auch die Angst davor verlieren, die Sache selbst in die Hand zu nehmen. Und damit selbst wirksam zu werden und Wirkung zu erzeugen. Dazu wurden Workshops zu verschiedenen Bauweisen veranstaltet, die aber nicht von uns selbst angeleitet wurden, sondern wir griffen dazu auf Superkräfte, Hidden Skills und Know-How zurück, die im Quartier schon vorhanden waren. So lernten wir gemeinsam und voneinander, wie man eben näht, sägt, bohrt, Fliesen verlegt oder schweißt. Entstanden ist der bunter, überdimensionierter Schriftzug PLATZ. Ein erster Platz-Halter für den zu gestaltenden Pop-Up-Park.
Fotos: Miguel Ferraz Araújo
Und schließlich: Im September dann das 1:1 Experiment, die große Baustelle, auf der die Entwürfe der Anwohner*innen mit allen zusammen und für alle umgesetzt wurden. Es wurde verhandelt, diskutiert, geformt, geklebt, bemalt und betoniert was – im Wortsinne – das Zeug hielt. Improvisierte Schalungen entstanden aus dem im zweiten Workshop benutzen Materialien – aus Segeltuch, Holz, Strohballen, Metallgerüsten etc. – und platzen am Ende nicht aus den Nähten, auch, wenn die Baustelle zeitlich auf Kante genäht war. Die im Juli gesammelten Zeichnungen verdichteten sich zu Collagen, die dann in vier unterschiedliche, thematische Rauminseln übersetzt wurden. Manche Wünsche konnten sehr konkret und direkt umgesetzt werden oder wurden mit anderen kombiniert, manche erschienen auch in übertragener Form. Die Wahl für die Materialien für diese Umsetzung fiel auf Stahl, Fliesen und: Schaumbeton – hergestellt aus viel Luft, Wasser und Weißzement. Dieses Material ist nicht nur wegen des niedrigen Materialverbrauchs äußerst nachhaltig, lässt sich durch die Zugabe von Pigmenten farbig einfärben und ist vor allem deutlich leichter als normaler Beton. So mussten die Schalungen und damit die fertigen Formen nicht besonders stabil sein und konnten vor allem mit Kindern und Laien einfach gebaut sowie noch vor Ort verändert werden: So entsteht schließlich eine Bühne, die nachts beleuchtet ist, ein vielfach gewünschter Regenbogen liegt als bunte Betontribüne daneben, ein ausrangierter Kaugummiautomat wird zum Liebesbriefautomat umfunktioniert, eine Sitzlandschaft mit Chaiselongue und Sitzsäcken laden zum Verweilen und Entspannen ein, eine große Tafel hat viel Platz für Überraschungsgäste, ein Grillplatz, Blumenkübeln für Kräuter und eine Pergola nehmen Formen an, zwei Betonsofas auf einer blauen Insel sind neuer Treffpunkt für intime Gespräche, und statt Springbrunnen wird ein Wasserspiel für Kinder aus einer alten Spüle gebaut, über der Wäscheleinen gespannt sind. Am Ende entstand so innerhalb einer Wocheein temporärer, multifunktionaler und nutzbarer Skulpturenpark, der seit Mitte September auf einer Grünfläche mitten in Rothenburgsort zur Benutzung einlädt.
Wie es weiter geht? Das ist noch offen. Da das gewählte Material Schaumbeton relativ haltbar ist, hoffen wir, dass die gestalteten Skulpturen noch eine Weile den fiktiven Billhorner Platz in einen real nutzbareren Ort verwandeln. Für die Anwohner*innen – aber auch, um ein Zeichen zu setzten für kommende Planungen des Stadtteils und der bespielten Raum um die große Kreuzung. Denn diese stehen gerade im Rahmen des Vorhabens Alster - Elbe - Bille - Grünzugs an. Der Park soll hier als Inspiration dienen – für weitere konkrete städtebauliche Planungen, aber auch für etwaige weitere Beteiligungsverfahren. Denn nur wenn Anwohner*innen auch in solche Planungen und Verfahren einbezogen werden und aktiver Teil sein können, entsteht ein öffentlicher Raum von allen für alle, der auch durch alle Beteiligten als lebenswert erfahren wird. Wir sind der tiefen Überzeugung, dass man sich am besten auf die Kraft der Veränderung und deren langfristige Wirksamkeit verlassen kann, wenn diese Veränderung selbstgemacht ist.
Fotos: Miguel Ferraz Araújo
Fotos: William Veder
Freie und Hansestadt Hamburg
Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen
Amt für Landesplanung und Stadtentwicklung
Projektbüro
2023
Hamburg-Rothenburgsort, Deutschland
Von Juli bis September 2023 haben wir in Hamburg-Rothenburgsort einen Pop-Up-Platz in Gestalt eines Mehrgenerationenspielplatzes mit Anwohner*innen entwickelt. Der zu gestaltende Billhorner Platz war als noch fiktiver Ort an einer zentralen Kreuzung des Stadtteils innerhalb des Projekts „Post-Corona-Stadt“ des Bundes im Auftrag der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen ausgerufen worden. Es galt diesen Platz zu bespielen, zu besetzten und zu definieren. Dieser Platz stand dazu als zu gestaltender Ort im Mittelpunkt einer offenen Entwicklung von allen und für alle Anwohner*innen. Für diesen Prozess hatten wir uns drei aufeinander aufbauende, aber trotzdem sehr unterschiedliche Workshops ausgedacht. Am Anfang war unser Team sechs Tage mit dem Doppeldeckerbus vor Ort, wobei in dieser Zeit Kinderzeichnungen und schnelle Skizzen als einfache Gestaltungsmöglichkeit von Ideen gesammelt wurden. Am Ende stand dann eine Schaumbetonparty, in der aus den gesammelten Ideen umsetzbare Skulpturen gestaltet wurden. In einem großen 1:1 Experiment. Oder: Aus Träumen werden manchmal (Beton-) Schäume.
Aber der Reihe nach. Zunächst einmal kamen wir im Juli für den ersten Teil der Workshops nach Rothenburgsort, um mit den Anwohner*innen zu malen, zu zeichnen und nicht zuletzt über ihre Wünsche und Vorstellungen ins Gespräch zu kommen – für den Stadtteil, aber auch konkret für den Billhorner Platz. In diesem ersten Workshop sollte mit Hilfe von jenen Skizzen möglichst niedrigschwellig – also so unakademisch und angstfrei wie möglich – Ideen und Visionen für diesen Platz gesammelt werden. Mit Papier bespannte Tische und weiteres Material wurden bereitgestellt. Gemeinsam wurde gekocht und gegessen. Konzerte fanden statt. Skizzen, Stricheleien und Farbkleckse entstanden – ohne dabei ein Blatt vor den Mund zu nehmen. So kamen wir mit den Anwohner*innen zusammen und sammelten einen großen Haufen Zeichnungen (ganze 147!!) ein von möglichen und unmöglichen Ideen für die nächsten Schritte.
Fotos: Miguel Ferraz Araújo
Und diese nächsten Schritte waren knapp und knackig kalkuliert: In nur sechs Wochen wurde eine offizielle Genehmigung gebraucht, um mit dem konkreten Bau der gesammelten Vorschläge zu beginnen. Für ein normales Genehmigungsverfahren muss man aber detaillierte Pläne einreichen und solche Planungsprozesse können Jahre in Anspruch nehmen. Wirklich: Jahre! Diese Zeit war nicht da und detaillierte Pläne schon gar nicht. Außerdem sollten die Ideen im Gegensatz zu normalen, langwierigen Planungen direkter umgesetzt werden – quasi direkt vom Kopf in die Hand –, sodass die üblichen Verfahren für uns nicht in Frage kamen. Also bediente sich unser Büro eines Kniffs der vielleicht so bisher einmalig ist: Die zu bauenden Objekte wurden als Kunstwerke deklariert und das, was auf der Freifläche entstehen sollte, dementsprechend als Skulpturenpark. Dazu beriefen wir uns auch auf die Kunstfreiheit der Anwohner*innen. So reichte es aus, dass nur unscharfe Pläne eingereicht wurden, wo ungefähr etwas entstehen sollte, und ein langwieriges Verfahren wurde umgangen. Am Ende und nach viel Überzeugungsarbeit kam die Genehmigung und es konnte losgelegt werden! Und bewahrten uns so die Möglichkeit, später noch mit allen Beteiligten um zu planen und weiter zu entwickeln.
Zunächst einmal wurde aber kommuniziert, kuratiert und gruppiert. Manche Ideen nahmen Formen an, andere mussten verworfen werden, weil sie sich trotz des unorthodoxen Verfahrens als nicht möglich erwiesen. Mit den Anwohner*innen wurde nun beim nächsten Workshop im August Hand angelegt. Zusammen wurde gebaut und gebastelt – mit Holz, Beton, Stoff, Stahl und Fliesen, um sich verschiedenen Werkstoffen und Techniken zu nähern. Damit alle Beteiligten nicht nur zuschauen und mitreden, sondern auch die Angst davor verlieren, die Sache selbst in die Hand zu nehmen. Und damit selbst wirksam zu werden und Wirkung zu erzeugen. Dazu wurden Workshops zu verschiedenen Bauweisen veranstaltet, die aber nicht von uns selbst angeleitet wurden, sondern wir griffen dazu auf Superkräfte, Hidden Skills und Know-How zurück, die im Quartier schon vorhanden waren. So lernten wir gemeinsam und voneinander, wie man eben näht, sägt, bohrt, Fliesen verlegt oder schweißt. Entstanden ist der bunter, überdimensionierter Schriftzug PLATZ. Ein erster Platz-Halter für den zu gestaltenden Pop-Up-Park.
Fotos: Miguel Ferraz Araújo
Und schließlich: Im September dann das 1:1 Experiment, die große Baustelle, auf der die Entwürfe der Anwohner*innen mit allen zusammen und für alle umgesetzt wurden. Es wurde verhandelt, diskutiert, geformt, geklebt, bemalt und betoniert was – im Wortsinne – das Zeug hielt. Improvisierte Schalungen entstanden aus dem im zweiten Workshop benutzen Materialien – aus Segeltuch, Holz, Strohballen, Metallgerüsten etc. – und platzen am Ende nicht aus den Nähten, auch, wenn die Baustelle zeitlich auf Kante genäht war. Die im Juli gesammelten Zeichnungen verdichteten sich zu Collagen, die dann in vier unterschiedliche, thematische Rauminseln übersetzt wurden. Manche Wünsche konnten sehr konkret und direkt umgesetzt werden oder wurden mit anderen kombiniert, manche erschienen auch in übertragener Form. Die Wahl für die Materialien für diese Umsetzung fiel auf Stahl, Fliesen und: Schaumbeton – hergestellt aus viel Luft, Wasser und Weißzement. Dieses Material ist nicht nur wegen des niedrigen Materialverbrauchs äußerst nachhaltig, lässt sich durch die Zugabe von Pigmenten farbig einfärben und ist vor allem deutlich leichter als normaler Beton. So mussten die Schalungen und damit die fertigen Formen nicht besonders stabil sein und konnten vor allem mit Kindern und Laien einfach gebaut sowie noch vor Ort verändert werden: So entsteht schließlich eine Bühne, die nachts beleuchtet ist, ein vielfach gewünschter Regenbogen liegt als bunte Betontribüne daneben, ein ausrangierter Kaugummiautomat wird zum Liebesbriefautomat umfunktioniert, eine Sitzlandschaft mit Chaiselongue und Sitzsäcken laden zum Verweilen und Entspannen ein, eine große Tafel hat viel Platz für Überraschungsgäste, ein Grillplatz, Blumenkübeln für Kräuter und eine Pergola nehmen Formen an, zwei Betonsofas auf einer blauen Insel sind neuer Treffpunkt für intime Gespräche, und statt Springbrunnen wird ein Wasserspiel für Kinder aus einer alten Spüle gebaut, über der Wäscheleinen gespannt sind. Am Ende entstand so innerhalb einer Wocheein temporärer, multifunktionaler und nutzbarer Skulpturenpark, der seit Mitte September auf einer Grünfläche mitten in Rothenburgsort zur Benutzung einlädt.
Wie es weiter geht? Das ist noch offen. Da das gewählte Material Schaumbeton relativ haltbar ist, hoffen wir, dass die gestalteten Skulpturen noch eine Weile den fiktiven Billhorner Platz in einen real nutzbareren Ort verwandeln. Für die Anwohner*innen – aber auch, um ein Zeichen zu setzten für kommende Planungen des Stadtteils und der bespielten Raum um die große Kreuzung. Denn diese stehen gerade im Rahmen des Vorhabens Alster - Elbe - Bille - Grünzugs an. Der Park soll hier als Inspiration dienen – für weitere konkrete städtebauliche Planungen, aber auch für etwaige weitere Beteiligungsverfahren. Denn nur wenn Anwohner*innen auch in solche Planungen und Verfahren einbezogen werden und aktiver Teil sein können, entsteht ein öffentlicher Raum von allen für alle, der auch durch alle Beteiligten als lebenswert erfahren wird. Wir sind der tiefen Überzeugung, dass man sich am besten auf die Kraft der Veränderung und deren langfristige Wirksamkeit verlassen kann, wenn diese Veränderung selbstgemacht ist.
Fotos: Miguel Ferraz Araújo
Fotos: William Veder